Direkt zur Hauptnavigation springen Direkt zum Inhalt springen

Gehirn im Umbau - die Bedeutung des 24h Konzeptes | ZBI Gruppe

  • Erstellt von Jan-Christoph Schultz und Dirk Franke
  • Fachwissen außerklinische Beatmung und Intensivpflege

Unser Leben steckt voller Veränderungen. Einige nehmen wir hin, ohne dass sich etwas ändert, aber manchen Veränderungen müssen wir uns anpassen.

Unser Leben steckt voller Veränderungen. Einige nehmen wir hin, ohne dass sich etwas ändert, aber manchen Veränderungen müssen wir uns anpassen. 
Auch unsere Synapsen, Neuronen oder auch ganzen Hirnareale verändern sich zur Optimierung laufender Prozesse nutzungsabhängig in ihrer Anatomie und Funktion. 
Unsere Zellen lernen kontinuierlich und stetig oder, um es zu verbildlichen: unser Gehirn befindet sich in einem kontinuierlichen Umbau. 
Gerade in der neurologischen Langzeitrehabilitation kann man dieser Tatsache besondere Schwere zuschreiben. Denn Lernangebote müssen in der therapeutischen Pflege so auch konsequent richtig geschaltet werden. Der Lernprozess eines Klienten in der neurologischen Langzeitrehabilitation findet nicht nur während einer einzelnen Therapieeinheit statt, sondern ist ständiger Bestandteil des Tages. 24 Stunden, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Man spricht von einem 24h Konzept.

Individualität ist hier, wie so oft, das Mittel der Wahl. Sowohl der Klienten selbst, als auch Physiotherapeuten, Pflegekräfte, Ergotherapeuten, Sprachtherapeuten, Ärzte und Angehörige des Klienten orientieren sich im Idealfall an einem gemeinsamen (für den Klienten individuellen) Ansatz um das Lernangebot für das Gehirn so gleichartig und so wenig widersprüchlich wie möglich zu gestalten. 
Den größten Teil seiner Zeit verbringt ein Klient mit den für ihn zuständigen Pflegefachkräften. Sie sind damit auch fester Bestandteil der Therapie und damit auch ein essentieller Bestandteil des 24h Konzeptes. 
Das Konzept umfasst dabei nicht nur (wie klassischerweise erwähnt) Bobath und F.O.T.T., sondern vor allem das kinästhetische Bewegungkonzept als Grundlage für Wahrnehmung und Interaktion, oder auch eine Initialberührung. Diese sollten von jedem Mitarbeiter zu jeder Tageszeit gleich ausgeführt werden, um den maximalen Therapiefortschritt zu erreichen.

Was passiert hier im Gehirn? 
Deutlich wird dies vor allem, wenn wir betrachten, was während des 24h Konzeptes in unserem Gehirn, bzw. in diesem Fall im Gehirn des Klienten geschieht. Die Antwort lautet Neurogenese - die Bildung von neuen Nervenzellen aus bestimmten Stamm- oder Vorläuferzellen. 
Die ersten Forschungen zum Thema Neurogenese liegen bereits viele Jahrzehnte zurück. Zwischenzeitlich wurde die Existenz der Neurogenese beim menschlichen, adulten Gehirn sogar weitestgehend ausgeschlossen. Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass es beim Menschen, wie auch bei allen anderen Säugetieren, zu einer Vermehrung neuronaler Stammzellen und zur Bildung neuer Nervenzellen selbst in hohem Alter kommen kann. 
In Experimenten mit Ratten hat sich gezeigt, dass hierfür die geistige und körperliche Aktivität die Grundvoraussetzung ist. Es wird deshalb vermutet, dass auch die adulte Neurogenese beim Menschen auf ähnliche Weise reguliert wird. Durch ihre bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit und Plastizität verändern die jungen Zellen die Informationsverarbeitung in bestimmten Regionen des Gehirns, wie zum Beispiel dem Hippocampus.

Aber wie funktioniert das eigentlich? 
All unsere Handlungen sind das Ergebnis von elektrischen Impulsen, die an unseren Nervenfasern entlang geschickt werden. Grundsätzlich sind unsere Gehirne „Bündel von Leitungen“ – sogenannte Neuronen, die durch Synapsen miteinander verbunden sind. 
Wann auch immer der Mensch etwas tut, sendet sein Gehirn ein Signal durch diese Ketten von Nervenfasern zu seinen Muskeln. Jedes Mal, wenn wir etwas üben, aktiviert sich ein anderer hochspezifischer Schaltkreis. Und je öfter wir einen Schaltkreis für eine bestimmte Fähigkeit verwenden, desto weniger sind wir uns bewusst, dass wir ihn verwenden. 
Wir sind evolutionär dazu ausgestattet, diese Fähigkeiten automatisch auszuführen. Je tiefer diese Fähigkeiten sich in unserem Unterbewusstsein festigen, desto besser konnten wir in prähistorischen Zeiten überleben, zum Beispiel um vor einem Säbelzahntiger zu flüchten, der sich im Gebüsch versteckte.

Neuroplastizität und Myelin 
Jede menschliche Bewegung, jeder Gedanke und jedes Gefühl ist ein genau getimtes elektrisches Signal, das durch eine Kette von Neuronen fließt - ein Kreislauf von Nervenfasern. 
Myelin bezeichnet dabei die Isolierung, die diese Nervenfasern umgibt und die Signalstärke, Geschwindigkeit und Genauigkeit erhöht. 
Je häufiger wir eine bestimmte Übung ausführen, desto mehr Myelin umgibt also diesen Schaltkreis und desto stärker, schneller und fließend werden unsere Bewegungen und Gedanken. 
Von großer Bedeutung ist dabei die Vertikalisierung, denn in aufrechter Position besitzt unser Gehirn die größtmögliche Funktionalität. Dieses Phänomen können wir leicht in einem Selbstversuch beobachten. Wenn wir uns nach getaner Arbeit auf die Couch legen, verfällt unser Gehirn in einen Ruhezustand und die Reaktionsfähigkeit sowie die Wahrnehmung sind spürbar gehemmt. 
Vertikalisierung wirkt diesem Ruhezustand entgegen. Dabei gibt es verschiedene Stufen der Vertikalisierung, von Sitzbett, über Bettkante und Rollstuhl (jeweils in 90° Aufrichtung) bis hin zum Stand. Die Notwendigkeit der Vertikalisierung wird im VeRegO-Konzept verdeutlicht.

Abschließend kann man also sagen, dass mit einer gezielten Therapie maximale Erfolge möglich sind. All dies ist nur möglich, wenn alle am Pflegeprozess beteiligten Personen Hand in Hand und so gleich wie möglich arbeiten. 
Ein essentieller Bestandteil der täglichen Arbeit in unseren Zentren in Berlin und Hamburg ist deshalb die gemeinsame Arbeit aller Professionen zum Wohle der Klienten.

Zum Autor:

Jan-Christoph Schultz

ZBI_Berlin_2017_0685__Groß__01.jpg
ZBI_Berlin_2017_0305.jpg
-->
x

Lust auf einen neuen Job?

Schau doch mal auf unserer Karriereseite vorbei.