Tracheostomapflege: Durchführung und Umgang mit dem Tracheostoma
Die Anzahl an Personen mit einem Tracheostoma nimmt auch in den ambulanten und stationären Versorgungsformen stetig zu. Neben dem korrekten Umgang mit der Trachealkanüle ist die pflegerische Tracheostomaversorgung eine äußerst wichtige Maßnahme bei diesen Patienten und Patientinnen und erfordert spezielles Fachwissen und hohe Aufmerksamkeit. Wie die Tracheostomapflege richtig durchgeführt wird und worauf dabei besonders geachtet werden muss, beschreiben wir detailliert in folgendem Artikel.
Tracheostomatücher sind spezielle Reinigungstücher zur Pflege der Haut | © ZBI Gruppe
Was ist ein Tracheostoma und eine Tracheotomie?
Ein Tracheostoma entsteht durch einen chirurgischen Eingriff, der als Tracheotomie oder auch Luftröhrenschnitt bekannt ist. Dabei wird die Luftröhre chirurgisch nach außen geöffnet, um einen künstlichen Zugang zu schaffen, der es ermöglicht, dass die Atemluft direkt in die Lunge geleitet wird. Dieser Zugang wird durch eine Trachealkanüle offengehalten, die fest im Tracheostoma verankert wird. Ein Tracheostoma wird bei Patienten und Patientinnen gesetzt, die über einen längeren Zeitraum künstlich beatmet werden müssen (Langzeitbeatmung).
Gründe für ein Tracheostoma:
- Schwere Unfälle oder komplexe chirurgische Eingriffe
- Wachkoma und andere langanhaltende Bewusstseinsstörungen
- Neurologische Erkrankungen mit Schluckstörungen
- Krebsartige Geschwüre im Nasen- und Rachenraum
- COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und andere Atemwegserkrankungen
Ein Tracheostoma stellt für viele Menschen die einzige Möglichkeit dar, langfristig und sicher zu atmen, insbesondere dann, wenn die Atemwege auf natürliche Weise nicht mehr ausreichend funktionieren.
Arten von Tracheostoma-Verfahren
1. Standardtracheotomie (Klassische Tracheotomie/Chirurgische Tracheotomie)
Die Standardtracheotomie ist ein chirurgisches Verfahren, bei dem die Luftröhre im oberen Drittel (zwischen dem 2. und 4. Trachealknorpel) mit einem Querschnitt eröffnet wird. Dabei wird oft ein kleines Stück des Knorpels entfernt, um die Öffnung zu stabilisieren und den Zugang zu erleichtern. Der Chirurg oder die Chirurgin setzt anschließend eine Atemkanüle ein, die mit Nähten oder einem speziellen Halsband fixiert wird, um ein Verrutschen zu verhindern.
Vorteile der Standardtracheotomie:
- Langlebigkeit und hohe Stabilität des Tracheostomas
- Größerer Durchmesser, was einen besseren Luftdurchfluss ermöglicht
- Besonders geeignet für langfristige Beatmungen und stabile Atemwegskontrollen
2. Dilatative Tracheotomie (Perkutane Dilatationstracheotomie, PDT)
Die Dilatative Tracheotomie, auch als Punktionstracheotomie bekannt, ist eine minimalinvasive Technik. Der Einstich erfolgt an der gleichen Stelle wie bei der klassischen Tracheotomie. Mit einer stumpfen Schere wird die Einstichstelle vorsichtig erweitert, um die Luftröhre zu erreichen. Anschließend wird die Trachea mithilfe einer Hohlnadel punktiert, und ein Führungsdraht leitet den Dilatator an, der die Öffnung weiter aufdehnt. Die Trachealkanüle wird eingeführt und das Prozedere wird mit einem Bronchoskop überwacht, um Verletzungen zu vermeiden.
Vorteile der Dilatativen Tracheotomie (PDT):
- Schnelle Durchführbarkeit und weniger Zeitaufwand
- Minimale Invasivität, was zu einer geringeren Belastung des Patienten führt
- Optimal für Patienten, die nur kurzfristig beatmet werden müssen
Einschränkungen:
- Nicht geeignet für Patienten mit krankhaften Veränderungen der Halsstruktur
- Bei chronischen Schluckstörungen oder neurologischen Defiziten ist eher eine Standardtracheotomie erforderlich
Ein gesundes, reizloses Tracheostoma bei der Reinigung | © ZBI Gruppe
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Ziele der Tracheostomapflege
Die Tracheostomapflege verfolgt mehrere essenzielle Ziele, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und mögliche Komplikationen zu minimieren.
Primäre Ziele der Tracheostomapflege:
- Hautschäden und Wundinfektionen vermeiden: Prophylaxe gegen Entzündungen und Infektionen ist das A und O in der Tracheostomapflege.
- Haut intakt und reizlos halten: Die Haut um das Tracheostoma sollte frei von Rötungen und Irritationen sein.
- Bereits entstandene Hautschäden behandeln: Wundinfektionen müssen erkannt und zur Abheilung gebracht werden.
- Druckschäden vorbeugen: Besonders wichtig ist die Vermeidung von Druckstellen unter dem Kanülenschild und im Bereich des Haltebändchens.
Diskussionen zur Sterilität und Häufigkeit:
- Sterilität und Häufigkeit der Tracheostomapflege sind regelmäßig Gegenstand von Diskussionen und Kontroversen in der Fachwelt.
- Die Festlegung von Standards innerhalb der Einrichtung ist essenziell, um eine einheitliche und effektive Pflege sicherzustellen.
- Dennoch muss die Pflege individuell an den Zustand und die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten angepasst werden.
Durch mangelhafte Versorgung des Tracheostoma kann eine Rötung der Haut entstehen | © ZBI Gruppe
Richtiger Umgang mit einem Tracheostoma: Verbandswechsel, Absaugen & Co.
Ein Tracheostoma ist kurz nach der Anlage als bedingt aseptische Wunde zu betrachten. Der Verbandwechsel muss daher immer unter aseptischen Bedingungen durchgeführt werden, um die Verbreitung von Keimen zu verhindern.
Wichtige Hygieneprinzipien:
- Konsequente Händedesinfektion vor und nach der Pflege.
- Nutzung von sterilen Handschuhen und sterilen Materialien während des Verbandswechsels.
- Vermeidung von Kreuzkontaminationen zwischen verschiedenen Patienten.
Risikofaktoren und mögliche Komplikationen
- Keime im Tracheostoma haben nur einen kurzen Weg bis in die Lunge, was das Risiko einer Pneumonie (Lungenentzündung) erheblich erhöht.
- Ein Verbandwechsel wird in der Regel ein- bis dreimal täglich durchgeführt, abhängig von der Hautsituation und Sekretproduktion.
- In der Anfangsphase oder bei starker Sekretion und Hautkomplikationen sollte der Wechsel häufiger erfolgen, um eine optimale Pflege zu gewährleisten.
- Essenzielle Maßnahme zur Entfernung von Sekret aus der Trachea.
- Das Absaugen hilft, die Atemwege frei zu halten und reduziert das Risiko einer Infektion.
Die richtige Tracheostomakompresse verhindert Komplikationen | © ZBI Gruppe
Materialien für die Tracheostomapflege: Was wird benötigt?
Eine gründliche Vorbereitung und das richtige Material sind entscheidend für eine erfolgreiche Tracheostomapflege.
Benötigte Materialien für die Pflege:
- Abwurfbehälter für gebrauchte Materialien
- Händedesinfektionsmittel zur Keimreduzierung
- Unsterile Handschuhe für allgemeine Handhabungen
- Sterile Handschuhe für alle aseptischen Maßnahmen (Absaughandschuhe)
- Sterile Tupfer/Kompressen und Watteträger zur Reinigung
- Cuffdruckmesser zur Kontrolle des Kanülendrucks bei Kanülen mit Cuff
- Individuell angepasste Trachealkompressen
- Waschlappen und Handtuch zur allgemeinen Reinigung
- Neues Kanülenhaltebändchen bei Bedarf
Zusätzliche Pflegemittel:
- Kochsalzlösung oder Stomapflegetücher/-öl zur sanften Reinigung des Tracheostomas
- Acrylatfilm (Hautschutz) und Panthenol-Salbe bei Hautreizung oder Mazeration
- Octenisept® oder antiseptische Salben bei entzündlichen Hautveränderungen
- Zinkpaste oder Penaten-Creme sind nicht geeignet, da sie die Hautporen verschließen
Übersicht der benötigten Materialien für die Durchführung der Tracheostomapflege | © ZBI Gruppe
Fazit: Die richtige Tracheostomapflege ist der Schlüssel zur Gesundheit
Die Tracheostomapflege ist ein komplexer, aber kritischer Bestandteil der Patientenversorgung, der höchste Präzision und Fachkenntnis erfordert. Durch die richtige Anwendung und den sorgfältigen Umgang mit allen Materialien kann das Risiko von Komplikationen, wie Infektionen und Hautreizungen, erheblich reduziert werden.
Zusammenfassung:
- Die Tracheostomapflege sollte stets individuell an den Patienten angepasst werden.
- Einheitliche Standards und Hygienemaßnahmen sind unerlässlich, um die Qualität der Pflege zu sichern.
- Regelmäßige Schulungen und Fortbildungen des Pflegepersonals sind notwendig, um immer auf dem neuesten Stand der Tracheostomapflege zu bleiben.
Die Zusammenarbeit und das Fachwissen des gesamten Pflegeteams tragen entscheidend dazu bei, dass die Patienten mit einem Tracheostoma die bestmögliche Versorgung erhalten und so ihre Lebensqualität verbessert wird.
FAQ
Wie oft sollte die Tracheostomapflege durchgeführt werden?
Die Häufigkeit der Tracheostomapflege hängt von der individuellen Situation des Patienten ab, einschließlich der Hautsituation und der Sekretmenge. In der Regel erfolgt die Pflege ein- bis dreimal täglich, wobei bei hoher Sekretproduktion oder Hautkomplikationen häufigere Wechsel erforderlich sein können.
Welche Materialien werden für die Tracheostomapflege benötigt?
Zu den grundlegenden Materialien gehören sterile Handschuhe, sterile Tupfer und Kompressen, Händedesinfektionsmittel, individuell angepasste Trachealkompressen, ein Abwurfbehälter sowie Kochsalzlösung oder Stomapflegetücher. Weitere Pflegemittel wie antiseptische Salben können je nach Bedarf hinzugefügt werden.
Welche Hygienemaßnahmen sind bei der Tracheostomapflege besonders wichtig?
Bei der Tracheostomapflege sind strikte Hygienemaßnahmen unerlässlich, um Infektionen zu vermeiden. Dazu gehört die konsequente Händedesinfektion vor und nach der Pflege, die Verwendung steriler Handschuhe bei aseptischen Maßnahmen sowie die Einhaltung aseptischer Techniken während des Verbandwechsels.
Was sollte man bei der Reinigung des Tracheostomas beachten?
Das Tracheostoma sollte stets vorsichtig und mit geeigneten Mitteln gereinigt werden, um Hautirritationen zu vermeiden. Verwenden Sie Kochsalzlösung oder spezielle Stomapflegetücher und vermeiden Sie Produkte wie Zinkpaste, die die Hautporen verschließen könnten.
Welche Komplikationen können bei unzureichender Tracheostomapflege auftreten?
Eine unzureichende Tracheostomapflege kann zu Infektionen, Hautreizungen, Hypergranulationen und Druckstellen führen. Diese Komplikationen können die Gesundheit des Patienten ernsthaft beeinträchtigen und sollten durch regelmäßige und korrekte Pflege vermieden werden.
Sebastian Kruschwitz ist Wundexperte ICW sowie Pflegetherapeut Wunde ICW. Der gelernte Gesundheits- und Krankenpfleger ist außerdem Autor zahlreicher Publikationen zu den Themen Wundheilung und Wundversorgung. Er wurde 2023 in einem bundesweiten Wettbewerb zum beliebtesten Pflegeprofi Berlins gewählt. In der ZBI Gruppe leitet Sebastian seit vielen Jahren den Fachbereich Wundmanagement an unseren Standorten Berlin und Hamburg.
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