Blutgasanalyse: Grundlagen und Durchführung einer BGA
Die Blutgasanalyse (BGA) ist ein wichtiges medizinisches Diagnoseverfahren, um den Gesundheitszustand eines Patienten oder einer Patientin mittels seiner Blutwerte schnell und umfangreich zu bewerten. Dabei kann eine BGA bei der frühzeitigen Erkennung und Behandlung zahlreicher Erkrankungen hilfreich sein. Zudem gibt sie wichtige Informationen über den Säure-Basen-Haushalt sowie den Gasaustausch im Blut. Wir geben dir hier einen Überblick über die Bedeutung der BGA und ihren Ablauf. Weiterhin zeigen wir dir, warum die Messung des Blutes für die Beatmungspflege von Bedeutung ist.
Die Anwendung und Handhabung ist für jede Pflegefachkraft nach einer fachlichen Einweisung möglich | © ZBI Gruppe
Was ist eine Blutgasanalyse?
Die Blutgasanalyse ist ein technisches Verfahren, bei der eine kleine Blutprobe entnommen wird. Dabei werden die Konzentrationen verschiedener Gase im Blut, wie Sauerstoff und Kohlendioxid, gemessen und analysiert. In der außerklinischen Intensivpflege sind die wichtigsten Parameter:
- der pH-Wert
- der Sauerstoffpartialdruck (pO₂)
- der Kohlendioxidpartialdruck (pcO₂)
- der Standardbicarbonatgehalt (HCO₃⁻)
- die Sauerstoffsättigung (SpO₂)
- der Base-Excess (Basenabweichung, BE)
- der Laktat (Lac)
Die Ergebnisse einer BGA dienen in der außerklinischen Intensivpflege vorrangig der Überwachung des Atem- und Stoffwechselsystems. Jede geschulte Pflegefachkraft kann eine Blutgasanalyse selbstständig durchführen und dokumentieren. Weiterhin hilft es den medizinischen Pflegefachkräften, die Wirksamkeit der verordneten Behandlung zu beurteilen.
Mittlerweile genügen wenige Tropfen Blut, um den Wert des Blutes schnell und präzise bestimmen zu können | © ZBI Gruppe
Wann wird eine Blutgasanalyse durchgeführt?
Eine Blutgasanalyse erfolgt im außerklinischen Setting immer nach ärztlicher Anordnung. Je nach hausinternen Pflegeleitlinien gibt es empfohlene Zeitpunkte, bei denen eine Blutgasanalyse sinnhaft sind. So ist nach jeder Therapieänderung, wie die Veränderung der Beatmungsparameter oder die Anpassung der Sauerstoff-Therapie, eine BGA indiziert. Im Verlauf der (pneumologischen) Langzeitrehabilitation kann es zu einer Beendigung der Beatmungstherapie kommen. Diese sollte mit mehreren Blutgasanalysen über mehrere Tage dargestellt werden. Damit wird der sichere Verlauf des Patienten bzw. der Patientin gewährleistet. Gleiches gilt bei einer geplanten Dekanülierung. Ebenso sollte bei einer akuten Verschlechterung des Vitalzustandes eine BGA durchgeführt werden. Eine regelmäßige Blutgasanalyse dient zudem als Verlaufskontrolle bei chronischen Atemwegserkrankungen (u.a. COPD).
Überwachung der (Be)-Atmung
Sowohl auf Intensivstationen als auch in der außerklinischen Intensivpflege sind viele Menschen auf unterstützende Beatmungsgeräte, sog. Respiratoren, angewiesen. Mithilfe der regelmäßigen Messung der Blutwerte kann die Atmung und der Gasaustausch des Patienten bzw. der Patientin überwacht und ggf. wichtige Anpassungen der Atemunterstützung vorgenommen werden. So können schweren Atemwegsstörungen oder gar Atemversagen verhindert werden. Weiterhin kann die BGA bei der Entwöhnung von der Beatmung, dem sogenannten Weaningprozess, wertvolle Informationen über den Zustand des Patienten oder Patientin geben.
Überwachung der durchgeführten Sauerstoff-Therapie
Eine gute Sauerstoffversorgung im Blut und Gewebe ist lebenswichtig. In vielen Fällen wird, aufgrund des Krankheitsbildes, eine zusätzlich Sauerstoffgabe benötigt. Um den richtigen Flow zu applizieren, ist die Blutgasanalyse sehr hilfreich. Zudem kann im Krankheitsverlauf die Sauerstofftherapie anhand des Sauerstoffpartialdruckes (pO₂) ärztlich angepasst werden. Gerade bei Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen ist die zusätzliche Gabe von Sauerstoff (O₂) ein wichtiger Therapiebestandteil. Oftmals erfolgt die Zufuhr über 24 Stunden, die sogenannte Sauerstofflangzeittherapie (LTOT). Besonders bei Menschen mit Lungenerkrankungen, wie COPD-Patienten, besteht die Gefahr einer Hyperkapnie bis hin zur CO₂-Narkose. Um dies zu vermeiden, sollte der Augenmerk vor allem auf die Konzentration von Kohlenstoffdioxid (pCO₂) im Blut gerichtet sein.
Frühestmöglich Komplikationen vermeiden
Mittels der Blutgasanalyse gelingt es, verschiedene Beeinträchtigungen und Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Darunter zählen einerseits pulmologische Erkrankungen, wie Asthma bronchiale oder COPD aber auch Stoffwechselstörungen, wie beispielsweise Diabetes mellitus oder Nierenerkrankungen. Selbst Herz-Kreislauferkrankungen und Infektionen können mithilfe einer BGA-Messung ermittelt werden. Die Ergebnisse ermöglichen in vielen Fällen eine rechtzeitige Intervention und Anpassung der notwendigen Therapie.
Für die kapillare Entnahme des Blutes empfiehlt sich das Ohrläppchen | © ZBI Gruppe
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Durchführung der kapillaren Blutgasanalyse
Um eine optimale Therapie und Versorgung unserer Patienten und Patientinnen zu ermöglichen, führen wir im Zentrum für Beatmung und Intensivpflege regelmäßig Blutgasanalysen durch. In der außerklinischen Intensivpflege erfolgt eine kapilläre BGA, da es keinen arteriellen Zugang gibt.
Der Patient bzw. die Patientin sollte ruhig sitzen oder liegen. Damit werden genauere Ergebnisse gewährleistet. In der außerklinischen Intensivpflege bieten sich besonders die Ohrläppchen (vorrangig) oder Fingerbeeren als Punktionsstelle an. Für die Punktierung des Ohrläppchens empfiehlt sich eine hyperämisierende Salbe, die die Durchblutung fördert. Durch den enthaltenen Wirkstoff erfolgt eine Gefäßerweiterung. Diese hat einen erhöhten Zustrom von arteriellem Blut in der Kapillare zur Folge.
Die ausgewählte Punktionsstelle wird sorgfältig mit einem antiseptischen Mittel gereinigt, um das Infektionsrisiko zu minimieren.
Die Punktion erfolgt mittels einer Safety-Lanzette. Das Blut wird normalerweise in einer Spritze oder einem speziellen Blutröhrchen (Kapillarröhrchen) gesammelt. Der erste Tropfen sollte, ähnlich wie bei der Blutzucker-Messung, weggewischt werden. Während der Blutentnahme ist es wichtig, dass sich keine Luftblasen in der Blutprobe befinden. Diese können die Blutgaswerte und damit die Ergebnisse der BGA beeinflussen. Die Einstichstelle wird nach der Blutentnahme versorgt.
Das gewonnene Blut wird nun in ein Blutgasanalysegerät eingespeist. Dieses Gerät misst die Konzentrationen der einzelnen Parameter. Moderne Geräte liefern bereits innerhalb einer Minute die Ergebnisse. Diese Werte werden dann von dem behandelnden Arzt oder Ärztin sowie dem medizinischen Fachpersonal analysiert und mit dem Patienten bzw. der Patientin besprochen, damit ggf. eine Anpassung der jeweiligen Therapie erfolgen kann.
Analyse und Diagnostik der Blutuntersuchung helfen, den Therapieverlauf zu evaluieren | © ZBI Gruppe
Mögliche Komplikationen bei der Durchführung einer Blutgasanalyse
Die Risiken für Patienten bzw. Patientinnen sind in der Regel sehr gering. Bei einem sorgfältigen Vorgehen und einer sterilen Umgebung können Infektionen vermieden werden. Ebenso sind schwerwiegende Komplikationen wie eine Thrombose oder Nervenschädigungen eher selten. Trotzdem muss auch bei einer Blutgasanalyse auf die individuellen Vorerkrankungen der behandelnden Person geachtet werden. So sollte eine BGA bei Menschen mit Atemstörungen so schonend wie möglich erfolgen.
Um Verläufe über Wochen und Monate darzustellen, ist eine sorgfältige Dokumentation unerlässlich | © ZBI Gruppe
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Interpretation und Diagnostik der einzelnen Parameter
Die Beurteilung der Blutgasanalyse-Werte erfordert ein medizinisches Verständnis der einzelnen Parameter sowie deren Bedeutung für die Gesundheit des Patienten bzw. der Patientin. Wir geben dir hier einen Überblick über die gemessenen Schlüsselparameter und deren Interpretation bei einer Blutentnahme aus der Arterie:
pH-Wert
Der pH-Wert gibt an, ob das Blut sauer (niedriger pH-Wert), neutral oder alkalisch (hoher pH-Wert) ist. Ein normaler pH-Wert im arteriellen Blut liegt zwischen 7,35 und 7,45. Ein Wert außerhalb dieses Bereichs kann auf eine Störung des Säure-Basen-Haushaltes hinweisen. Ein niedriger pH-Wert kann auf metabolische/respiratorische Azidose hinweisen. Ein hoher pH-Wert deutet auf eine metabolische/respiratorische Alkalose.
Sauerstoffpartialdruck (pO₂)
Der Wert Sauerstoffpartialdruck gibt an, wie viel Sauerstoff im Blut gelöst ist. Ein normaler pO₂-Wert im arteriellen Blut liegt normalerweise über 80 mmHg. Ein niedriger pO₂-Wert kann auf Probleme mit der Sauerstoffversorgung hinweisen, wie z.B. Atemstörungen oder Beeinträchtigung der Lungenfunktion. Wobei hier zu erwähnen ist, dass der optimale pO₂ vom Alter abhängig ist und bei Bedarf errechnet werden kann.
Kohlendioxidpartialdruck (pCO2)
Der pCO₂-Wert gibt an, wie viel Kohlendioxid im Blut gelöst ist. Ein normaler pCO₂)-Wert im arteriellen Blut liegt normalerweise zwischen 35 und 45 mmHg. Ein erhöhter Kohlendioxidpartialdruck-Wert kann auf verminderte Atmung oder Atemprobleme hinweisen. Ein erniedrigter pCO₂-Wert deutet auf eine erhöhte Atmung oder eine Hyperventilation hin.
Bicarbonat (HCO₃⁻)
Der Bicarbonatwert ist ein Maß für den Bikarbonat-Ionengehalt im Blut und für das Gleichgewicht im Säure-Basen-Haushalt ein wichtiger Bestandteil. Abweichungen von diesem Bereich können auf metabolische Störungen hinweisen.
Sauerstoffsättigung (SpO₂)
Die Sauerstoffsättigung gibt an, wie viel Prozent des Hämoglobins im Blut mit Sauerstoff gesättigt ist. Ein normaler Wert liegt normalerweise über 95%. Ein niedriger Wert kann auf Sauerstoffmangel hinweisen.
Base Excess (Basenabweichung, BE)
Die Basenabweichung gibt Auskunft über den Überschuss oder das Defizit an basischen Komponenten im Blut und ist daher wichtig bei der Beurteilung des Säure-Basen-Haushaltes. Der Referenzbereich für BE liegt typischerweise zwischen -2 und +2 mmol/L. Ein positiver Wert (über +2 mmol/L) deutet auf einen Basenüberschuss hin, was in Zuständen wie metabolischer Alkalose gesehen werden kann. Ein negativer Wert (unter -2 mmol/L) weißt auf ein Basendefizit hin, was typisch für metabolische Azidose ist.
Laktatwert
Der Laktatwert kann in der außerklinischen Beatmungspflege wichtige Informationen über den Stoffwechselzustand des Patienten oder der Patientin liefern. Beispielsweise kann ein erhöhter Laktatwert auf eine gestörte Sauerstoffversorgung der Gewebe hinweisen. Bei beatmeten Menschen deutet dies auf Komplikationen wie eine unzureichende Beatmung, Überlastung der Atemmuskulatur oder eine ungenügende Sauerstoffaufnahme.
Wichtig: Die Interpretation der BGA-Ergebnisse sollte immer im Kontext der medizinischen Situation des Patienten oder der Patientin erfolgen. Zudem ist es wichtig, die Ergebnisse in Verbindung mit anderen klinischen Befunden und der Krankengeschichte des Patienten oder der Patientin zu betrachten. Abweichungen von den Normalwerten können zudem aufgrund des Alters und Geschlechts auftreten. Daher erfordert eine angemessene Behandlung eine genaue Diagnose und die Berücksichtigung aller Komponenten.
FAQ
Warum ist eine Blutgasanalyse bei beatmeten Patienten besonders wichtig?
Eine BGA hilft, die Atemunterstützung optimal anzupassen, indem sie den Gasaustausch im Blut und den Säure-Basen-Haushalt überwacht. So können Komplikationen wie Atemversagen frühzeitig erkannt und rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Wie oft sollte eine Blutgasanalyse durchgeführt werden?
Die Häufigkeit hängt von der medizinischen Situation ab. Nach Therapieänderungen, bei akuten Verschlechterungen oder während des Weaning-Prozesses sollte eine BGA durchgeführt werden. Bei chronischen Erkrankungen wie COPD ist eine regelmäßige Verlaufskontrolle sinnvoll.
Kann die Blutgasanalyse auch Stoffwechselstörungen aufzeigen?
Ja, die BGA liefert wertvolle Hinweise auf Stoffwechselstörungen, wie z.B. eine metabolische Azidose oder Alkalose. Sie kann auch erhöhte Laktatwerte anzeigen, was auf eine gestörte Sauerstoffversorgung der Gewebe hinweisen kann.
Was sind mögliche Risiken bei der Durchführung einer Blutgasanalyse?
Die Risiken sind in der Regel gering. Bei kapillärer Entnahme können leichte Schmerzen oder Blutergüsse auftreten. Bei sorgfältigem Vorgehen und einer sterilen Umgebung sind schwerwiegende Komplikationen wie Infektionen selten.
Welche Faktoren können die Ergebnisse der Blutgasanalyse beeinflussen?
Die Ergebnisse können durch Faktoren wie Luftblasen in der Blutprobe, körperliche Aktivität vor der Messung oder eine unzureichende Vorbereitung der Punktionsstelle verfälscht werden. Eine korrekte Durchführung ist entscheidend für aussagekräftige Ergebnisse.
Lars Dufeldt ist ausgebildeter Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Atmungstherapeut (DGP). Seine Weiterbildung bei der DGP schloss er mit der besten Facharbeit des Jahrganges ab und ist seitdem als Fachbereichsleiter für pneumologische Langzeitrehabilitation im Zentrum für Beatmung und Intensivpflege tätig. Über diese Tätigkeit hinaus besitzt Lars auch eine Weiterbildung zur Pflegefachperson für neurologische Langzeitrehabilitation und verknüpft sein Wissen aus beiden Fachbereichen zum Wohl unserer Klienten und Klientinnen mit außerklinischen Beatmungs- und Intensivpflegebedarf an unseren Standorten Berlin und Hamburg.
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