Alles über Trachealkanülen: Entdecken Sie die verschiedenen Typen, ihre Einsatzbereiche und Pflegehinweise. Erfahren Sie, wie sie die Lebensqualität von Patient:innen verbessern können.

    Inhaltsverzeichnis

    Trachealkanülen im Überblick: Arten, Unterschiede und Einsatzbereiche 

    1. Einführung: Was sind Trachealkanülen? 

    Trachealkanülen sind medizinische Hilfsmittel, die in der modernen Pflege und Medizin unverzichtbar sind. Sie werden bei Patient:innen mit einem Tracheostoma, einem künstlichen Zugang zur Luftröhre, eingesetzt. Solche Zugänge können notwendig sein, wenn die natürliche Atmung blockiert oder geschädigt ist. 

    Die Hauptaufgaben einer Trachealkanüle bestehen darin, den Atemweg offen zu halten, eine künstliche Beatmung zu ermöglichen und – je nach Kanülentyp – das Sprechen und Schlucken zu erleichtern. Trachealkanülen kommen bei unterschiedlichsten Patientengruppen zum Einsatz, z. B. bei neurologischen Erkrankungen, Kehlkopfentfernungen oder bei langfristigen Beatmungsbedarfen. 

    2. Anatomische Grundlagen: Warum Trachealkanülen nötig sind 

    Die Anatomie des Atmungssystems spielt eine zentrale Rolle bei der Entscheidung für ein Tracheostoma. Das Atmungssystem beginnt mit der Nase und dem Mund, durch die Luft in die Trachea (Luftröhre) gelangt. Ist dieser natürliche Luftweg blockiert, z. B. durch Tumore oder wird die Lunge aus einem anderen Grund nicht ausreichend belüftet (Lähmungen, Asthmaanfall, chronische Erkrankungen der Atempumpe) muss manchmal ein Tracheostoma angelegt werden. 

    Ein Tracheostoma kann entweder chirurgisch durch einen direkten Schnitt in die Luftröhre (Trachea) oder per dilatativer Methode (aufdehnende Methode), bei der eine Hohlnadel und Dilatatoren verwendet werden, geschaffen werden. Die Trachealkanüle stabilisiert das Tracheostoma und bietet einen sicheren Zugang zu den Atemwegen, der je nach Patient:innenbedürfnis angepasst wird. 

    3. Arten von Trachealkanülen: Überblick und Unterschiede 

    Trachealkanülen gibt es in einer Vielzahl von Ausführungen, die auf spezifische Anforderungen zugeschnitten sind. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Unterschiede vor: 

    3.1. Mit und ohne Cuff 

    • Mit Cuff: Der Cuff ist ein aufblasbarer Ballon, der am unteren Ende der Trachealkanüle angebracht ist. Er dient dazu, die Kanüle im Querschnitt der Trachea zu fixieren und den Luftstrom gezielt zu lenken. Gleichzeitig minimiert der Cuff die sogenannte Aspiration, also das Eindringen von Flüssigkeiten wie Speichel oder Nahrung in die Lunge, was besonders wichtig bei Patient:innen mit Schluckstörungen ist. 
    • Ohne Cuff: Diese Kanülen sind ideal für Patient:innen, die eigenständig atmen und ein geringeres Aspirationsrisiko haben. Sie fördern die natürliche Atmung und erleichtern das Sprechen, da kein Ballon die Luftwege blockiert. 

    3.2. Mit und ohne Phonationsöffnung 

    • Phonationsöffnung: Mit Einsatz eines Sprechventils wird die Ausatmung über die Trachealkanüle blockiert. Dabei muss der Cuffballon geleert werden. Spezielle Kanülen mit Phonationsoption haben kleine Öffnungen, die den Luftstrom zusätzlich zu den Stimmbändern leiten. Dadurch wird das Sprechen erleichtert. 
    • Ohne Phonationsöffnung: Diese Kanülen werden bevorzugt bei Patient:innen eingesetzt, die aufgrund eines hohen Aspirationsrisikos keinen Luftstrom durch die oberen Atemwege zulassen können. 

    3.3. Material und Größen 

    • Kunststoffkanülen (PVC): Diese Kanülen sind leicht, kostengünstig und oft als Einmal- oder Einpatientenprodukte konzipiert. Sie werden am häufigsten eingesetzt. 
    • Silikonkanülen: Diese Kanülen sind weich, flexibel und wiederverwendbar. Sie bieten einen hohen Tragekomfort, was sie besonders für empfindliche Atemwege geeignet macht. Silikonkanülen ohne Cuffballon sind aufbereitbar und damit bei gleichen Patient:in wiederverwendbar. 
    • Metallkanülen (z. B. Silber): Metallkanülen sind langlebig und wiederverwendbar. Sie eignen sich besonders für laryngektomierte (kehlkopflose) Patient:innen, werden aber nicht für die Beatmung verwendet. Silberkanülen sind heute sehr selten geworden, da die anderen Materialien einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringen. 
    • Größen: Trachealkanülen sind in unterschiedlichen Größen verfügbar, um die individuelle Anatomie der Patient:innen zu berücksichtigen. Sie unterscheiden sich in der Länge, im Krümmungsgrad sowie im Innen- und dem Außendurchmesser. 

    3.4. Mit und ohne Innenkanüle 

    • Mit Innenkanüle: Diese Kanülen enthalten eine herausnehmbare Innenkanüle, die die Reinigung erleichtert, ohne die gesamte Kanüle wechseln zu müssen. Sie sind ideal für die Langzeitpflege oder bei hohem Sekretaufkommen. Mit dem 2-Röhrensystem wird zudem die Sicherheit der Patien:innen erhöht, da bei blockierter Kanüle (Sekretobstruktion) mit dem Entfernen der Innenkanüle der Atemweg schnell wieder frei sein kann. 
    • Ohne Innenkanüle: Vorteil der Trachealkanülen ohne Innenkanüle ist, dass bei gleichen Außendurchmesser ein höherer Innendurchmesser erreicht wird. Das erleichtert die Atmung (Verringerung der Resistance / Strömungswiderstand). 

    3.5. Flexibilität und Anpassung 

    • Flexible Kanülen: Diese bieten häufig einen besonders hohen Tragekomfort. 
    • Starre Kanülen: Meist aus thermoplastischem Kunststoff gefertigt ist die Flexibilität geringer. 

    3.6. Besondere Funktionen 

    • Kanülen mit verstellbarer Halteplatte: Die Halteplatte kann individuell angepasst werden. Damit können die anatomischen Verhältnisse am Hals (Halsdicke) berücksichtigt werden. 
    • Kanülen mit subglottischer Absaugung: Sie besitzen einen zusätzlichen Kanal zur Sekretentfernung oberhalb des Cuffs (subglottischer Raum, Jammerecke, Juchli-Ecke), was das Risiko von Aspirationen und Infektionen verringert. 

    4. Indikationen für Trachealkanülen: Wann werden sie eingesetzt? 

    Trachealkanülen kommen in einer Vielzahl von Situationen zum Einsatz, bei denen die Atmung beeinträchtigt ist oder ein sicherer Atemweg gewährleistet werden muss. Hier einige häufige Indikationen: 

    • Mechanische Blockaden: Tumore, Verletzungen oder Ödeme können die Atemwege blockieren. Eine Trachealkanüle sorgt unterhalb dieser Blockaden für einen alternativen Zugang zur Atmung. 
    • Langzeitbeatmung: Bei Patient:innen, die Bedarf an einer Langzeitbeatmung haben (verschiedene Krankheitsprofile der chronischen Ventilationsstörung, wie COPD, hoher Querschnitte etc.) benötigen die Trachealkanüle häufig als invasiven Atemwegszugang. 
    • Schwere Dysphagie: Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfälle oder Parkinson können das Schlucken beeinträchtigen. Hier soll die Kanüle (Kanüle mit Cuffballon) vor dem Eindringen von Nahrung oder Flüssigkeit in die Lunge schützen. 
    • Postoperative Versorgung: Nach großen chirurgischen Eingriffen, z. B. an Kopf oder Hals, kann eine Trachealkanüle eine Nachbeatmung aus medizinischer Sicht risikoärmer gestalten. 

    5. Funktionen und Zubehör: Was macht Trachealkanülen so vielseitig? 

    Trachealkanülen sind nicht nur einfache Röhren, sondern hochentwickelte Medizinprodukte mit umfangreichem Zubehör. 

    Innenkanülen 

    Diese herausnehmbaren Einsätze erleichtern die Reinigung und minimieren das Risiko von Sekretansammlungen. Sie sind in unterschiedlichen Ausführungen verfügbar, z. B. mit oder ohne Phonationsöffnungen. 

    HME-Filter (künstliche Nase) 

    Ein HME-Filter simuliert die Funktion der Nase, indem er die eingeatmete Luft erwärmt und befeuchtet. Dies schützt die Atemwege vor Austrocknung und reduziert die Bildung von Borken. 

    Sprechventile 

    Sprechventile ermöglichen, dass Luft nur beim Einatmen durch die Kanüle strömt und beim Ausatmen über die oberen Atemwege entweichen muss – einfacher gesagt: sie blockieren die Ausatmung über die Trachealkanüle. Dafür muss ein eventuell vorhandener Cuffballon luftleer sein. Phonationslöcher in der Trachealkanüle unterstützen das Abatmen der Ausatemluft über den Mund-Nasen-Rachen-Raum (MNRR). 

    6. Pflegerisches Management: Worauf es ankommt 

    Die richtige Pflege von Trachealkanülen ist essenziell, um Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität der Patient:innen zu erhalten. 

    6.1. Hygiene und Wundpflege 

    Ein Verbandswechsel sollte mindestens einmal täglich erfolgen, insbesondere bei hoher Sekretbildung. Dabei wird die Haut um das Tracheostoma gereinigt und auf Infektionszeichen wie Rötung, Schwellung oder Schmerz untersucht. Bei Infektionszeichen ist eine Wundbehandlung nach ärztlichen Anordnungen indiziert. 

    6.2. Innenkanülenwechsel 

    Innenkanülen müssen regelmäßig, oft mehrmals täglich, gewechselt und gereinigt werden. Dies verhindert, dass sich Sekret ansammelt, verfestigt und somit die Atmung beeinträchtigt. 

    7. Komplikationen und deren Prävention 

    Komplikationen können bei unsachgemäßer Handhabung oder Pflege auftreten. Häufige Probleme sind: 

    • Infektionen: Durch regelmäßige Tracheostomapflege lassen sich Infektionen vermeiden oder sind frühzeitig zu erkennen. 
    • Dislokation der Kanüle: Die Kanüle kann herausrutschen, wenn sie nicht richtig fixiert ist. Eine engmaschige Überwachung und die richtige Fixierung können das Risiko minimieren. 
    • Aspirationspneumonien: Ein korrekt eingestellter Cuffdruck bietet den größten Schutz vor dem Eindringen von Flüssigkeiten aus dem MNRR in die Lunge. 

    8. Notfallmanagement bei Tracheostoma-Komplikationen 

    In Notfallsituationen, wie dem Herausrutschen der Kanüle, ist schnelles Handeln entscheidend. Ein Trachealspreizer und eine Ersatzkanüle sollten immer in Reichweite sein. Patient:innen und Pflegepersonal sollten darauf vorbereitet sein, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Atemwege schnell wieder zu sichern. 

    9. Spezielle Einsatzbereiche: Von Langzeitbeatmung bis Rehabilitation 

    Trachealkanülen werden nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in der häuslichen Pflege und Rehabilitation eingesetzt. Logopädie ist ein wichtiger Bestandteil, um Sprach- und Schluckfunktionen zu verbessern, und damit langfristig ein höheres Maß an Lebensqualität zu erreichen. 

    10. Fazit: Trachealkanülen – Mehr als ein Hilfsmittel 

    Trachealkanülen sind weit mehr als medizinisches Zubehör. Sie sind ein zentraler Bestandteil der modernen Medizin und Pflege, der individuell auf die Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt wird. Die richtige Auswahl, Pflege und das Notfallmanagement sind herausfordernd. Nichtdestotrotz sind sie ein unverzichtbares Hilfsmittel, v.a. in der Versorgung von außerklinischen Intensivpflegepatient:innen. 


    Sven Jantzen ist gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger und Atmungstherapeut (DGP). Als Programmleiter war er maßgeblich an der Durchführung und dem Erfolg des damals teilnehmerstärksten Kongresses für Außerklinische Intensivpflege (KAI) in Berlin beteiligt. Heute leitet er den Bereich Fort- und Weiterbildung in der ZBI Gruppe und ist damit eine wichtige Säule zur Aufrechterhaltung der hohen Qualitätsstandards an unseren Standorten Berlin und Hamburg.


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    Quellen:

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