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LiN - Lagerung in Neutralstellung » Ziele & Vorgehen

  • Erstellt von Florian Seybecke
  • Fachwissen außerklinische Beatmung und Intensivpflege

Die LiN®-Lagerung ist eine spezielle Lagerungstechnik. Welche Ziele die Lagerung in Neutralstellung hat und für welche Patient*innen sie geeignet ist, lest ihr hier!

LiN®-Lagerung: die Lagerung in Neutralstellung

Die LiN®-Lagerung (Lagerung in Neutralstellung) ist ein neurophysiologisches Positionierungskonzept, bei dem alle Körperabschnitte günstig zueinander positioniert werden, um einen tonusregulierenden Effekt auf die Körpermuskulatur zu erzielen und eine maximale Bequemlichkeit für den Patientnen zu erzeugen (LiN-Arge, 2021). LiN® kann auch ergänzend beispielsweise bei Lagerungen nach dem Bobath-Konzept angewendet werden. Der folgende Artikel beschreibt, für welche Patienten die Lagerung in Neutralstellung besonders geeignet ist, welche Unterschiede es zur konventionellen Lagerung gibt und welche Ziele LiN® hat.

Inhaltsverzeichnis

 


Entwicklung des LiN®-Lagerungskonzepts

Die Lagerung in Neutralstellung wurde von der Physiotherapeutin Heidrun Pickenbrock für ihre Patienten im Jahr 2000 während ihrer Arbeit auf einer Stroke Unit entwickelt. Pickenbrock fiel auf, dass alle Patienten, ganz gleich wie man sie im Bett positioniert, immer eine für die Muskulatur und den Tonus ungünstige Körperposition innehatten. Daraus entstand die Grundidee zur Lagerung in Neutralstellung. Pickenbrock erarbeitete vier Prinzipien, welche die heutige Grundlage für LiN® – Lagerung bilden (LiN-Arge, 2021).

 

„Die vier Grundprinzipien der LiN®-Lagerung“

1. Halt und Stabilität für den Patient*innen

Gesunde Menschen mit einem intakten zentralen Nervensystem (ZNS) sind in der Lage, vor einer Bewegung des Körpers die Haltemuskulatur zu aktivieren, um für ausreichend Stabilität zu sorgen. Bei Patient*innen, die Erkrankungen bzw. Schädigungen am ZNS oder degenerative Veränderungen (z.B. durch Multiple Sklerose oder Schlaganfall) aufweisen, kann es dazu kommen, dass die Fähigkeit, normale Muskulaturspannung aufzubauen, verloren geht.

Die Lagerung muss dem Patient ausreichend Halt geben. Durch eine Stabilisierung von außen wird die Gefahr eines sekundären Hypertonus gemindert. Das bedeutet, dass für eine LiN®-Lagerung das Positionierungsmaterial fest an den Körper des Patienten anmodelliert wird und alle Hohlräume am Körper (z.B. Nacken, Lendenwirbelsäule und Kniebeuge) ausgefüllt werden, sodass eine maximale Stabilität hergestellt wird (Pickenbrock, 2005 und Hartnick, 2009).

2. Körperabschnitte günstig zueinander positionieren

Ein gesunder Mensch legt sich auf eine Unterlage und sein Körper passt sich der Unterlage an. Er verfügt über eine normale Muskelaktivität und Sensorik und verändert automatisch seine Position, wenn ihm diese unangenehm wird. Patient*innen mit Bewegungseinschränkungen können dies jedoch nicht. Durch das unbewegte Liegen auf einer Unterlage kann es durch neuromuskuläre Vorgänge dazu kommen, dass die Muskulatur anhaltend verkürzt oder verlängert ist. Dies kann zu Tonusveränderungen führen und im weiteren Verlauf Schmerzen und Kontrakturen verursachen, mindestens aber begünstigen.

Die Lagerung sollte deshalb so gestaltet sein, dass es so wenig wie möglich zu lagerungsbedingten Muskulaturverkürzungen und Tonusveränderungen kommt.

Hier setzt die LiN®-Lagerung an: bei der Lagerung in Neutralstellung passt sich der Körper also nicht an die Unterlage an, sondern die Unterlage wird an den Körper angepasst (Pickenbrock, 2005 und Hartnick, 2009). Wichtig zu wissen ist, dass eine komplette Neutralstellung nur in Rückenlage, 30°-Seitenlage und Bauchlage erzielt werden kann. Ist dies aufgrund der Voraussetzungen bei dem*der Patient*in nicht möglich, muss die Lagerung entsprechend angepasst durchgeführt werden.

3. Neutralstellung modifizieren, individueller Lösungsansatz

Eine Neutralstellung kann nur hergestellt werden, wenn der Gelenkstatus es zulässt. Einige Patienten haben ggf. schon vorhandene Fehlstellungen und krankhafte Veränderungen im Bewegungsapparat (z.B. Rundrücken).

Eine Neutralstellung wird also dem aktuellen Status der Gelenke angepasst und nicht erzwungen. Die Positionierung sollte unbedingt bequem und angenehm sein (Pickenbrock, 2005 und Hartnick, 2009).

4. Unterstützungsfläche anpassen

Ein wichtiger und zu beachtender Aspekt sind chronische Wunden. Diese verursachen Funktionseinschränkungen, Schmerzen und vermindern die Lebensqualität der Patientnen.

Insofern ist auch im Rahmen der Wundversorgung darauf zu achten, dass die Lagerung so angepasst ist, dass eine maximale Druckentlastung für gefährdete Knochenpunkte gegeben ist. Durch das Anmodellieren an den Körper und das Ausfüllen von Körperhohlräumen mit Lagerungsmaterial, kann eine gleichmäßige Druckverteilung erreicht werden (Pickenbrock, 2005 und Hartnick, 2009).

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Unterschiede zwischen dem Lagerungskonzept LiN® und konventioneller Lagerung

LiN® unterscheidet sich zu herkömmlichen Positionierungen, weil die Körperabschnitte ohne Überdehnung und Verkürzung der Muskulatur günstig zueinander positioniert werden. Gesunde, sowie paretische und spastische Körperabschnitte werden entgegen der Schwerkraft mit ausreichend Positionierungsmaterial stabilisiert. Körperhohlräume werden ausgefüllt, sodass sich nicht der Körper an die Unterlage anpassen muss, sondern die Unterlage an den Körper. Die Konstitution, Position sowie Einschränkungen des Bewegungsapparates sind nur begrenzte Faktoren (Hartnick, 2009).

 

konventionelle Lagerung vs. LiN®-Lagerung  | © Lin-Arge e.V., 2021        

Auf dem Bild ist gut zu erkennen, wo der explizite Unterschied zur konventionellen Positionierung besteht. Gezeigt wird hier eine 90° Position. Deutlich sichtbar ist, dass bei einer konventionellen Lagerung (A) der Körper sich der Unterlage anpasst und es zu einer Dehnung in der Muskulatur kommt. Dies kann auf Dauer zu Muskulatur und Sehnenverkürzungen kommen. Bei LiN® (B) ist klar zu erkennen, dass durch Lagerungsmaterial die Unterlage an den Körper angepasst wurde. Hohlräume wie der Lendenbereich wurden unterstützt, Arme und Beine günstig zur Körpersemantik positioniert.

 

Vorbereitung und Vorgehensweise bei LiN®-Lagerung

Bevor es an die eigentliche Lagerung (LiN®) geht, sollte das Pflegepersonal die individuelle Situation der Patienten genauestens analysiert werden. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:

  • bei welchen Körperabschnitten der*die Patient*in Unterstützung benötigt
  • welche Einschränkungen bestehen
  • und was die eigentliche therapeutische Zielsetzung ist.

Alle bekannten konventionellen Arten der Positionierung können in Neutralstellung erfolgen. Dazu gehören die Rückenlage, stabiler Sitz im Bett oder Rollstuhl, 30°, 90° und 135°- Lagerung auf dem Bauch. Als Material für die Durchführung der LiN® eignen sich übliche Steppdecken und lockere Kissen, da diese sich optimal an den Körper anmodellieren lassen. Wie viel Material genau benötigt wird, hängt individuell von der Person und deren Körpersemantik, -größe, und –zustand ab. (Hartnick, 2009)

Als Faustregel gilt laut Pickenbrock (2005), „…Je schwerer der Bewohner betroffen ist, je größer und schwerer er von seiner körperlichen Konstitution und je weicher die Unterlage ist, desto mehr Material wird benötigt.“ S.68

Angewandte LiN-Lagerung (Lagerung in Neutralstellung) bei einer bettlägerigen Patientin  | © ZBI Gruppe

Im Bild ist der stabile Sitz in Neutralstellung dargstellt. Es ist gut zu sehen, dass alle Körperabschnitte günstig zueinander positioniert sind. Die bestehenden Einschränkungen der Gelenke wurden bei dieser Position berücksichtigt.

Die Dauer einer LiN® sollte individuell betrachtet werden und an die aktuell geltende Empfehlung von zweistündigen Positionierungswechsel des Expertenstandards Dekubitusprophylaxe in der Pflege, 2. Aktualisierung (Juni 2017) gekoppelt sein (DNQP, 2017).

 

Ziele von LiN®

Neben der Verbesserung der Beweglichkeit und der Vermittlung von Bequemlichkeit, zielt die LiN®-Lagerung auch darauf ab:

  • Gleichmäßige Verteilung des Körpergewichts auf die gesamte Auflagenfläche
  • Vermeidung der Entstehung von Druckgeschwüren
  • Normalisierung der Muskelspannung durch Entlastung von Bändern, Sehnen und Muskeln
  • Verbesserung der respiratorischen Situation (z.B. bei Indikationen wie COPD, Lungenemphysem und Lungenfibrose)
  • Mobilisierung von Wachkoma-Patient*innen

 

Ausbildung zum LiN®-Trainer bzw. zur LiN®-Trainerin

Die Ausbildung zumr LiN®-Trainer bzw. zur LiN®-Trainerin hat die LiN®-Arge auf Ihrer Internetseite folgend definiert: Voraussetzung ist eine zweijährige Berufserfahrung mit Patienten mit Einschränkungen in der Mobilität mit anerkanntem Abschluss in der Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder als examinierter Gesundheits‐ und Krankenpfleger oder examinierter Altenpfleger. Des Weiteren ist nach einer Teilnahme an einem LiN®-Grundkurs und einer weiteren Hospitation die Empfehlung eines LiN®-Trainers von Nöten. Hier findest du die Ausbildungsrichtlinien.

 

Fazit zur Lagerung in Neutralstellung

Das Lagerungskonzept LiN® findet im neurologischen Bereich durch seinen evidenzbasierten Ansatz zunehmend Anwendung. Nachweislich kann LiN® dazu beitragen, allen Betroffenen mehr Lebensqualität zu verschaffen. Weiterhin kann die Lagerung in Neutralstellung bei der Behandlung von Kontrakturen aktiv und fördernd unterstützen. In neurologischen Frührehabilitation sowie auch in neurologischen Langzeitrehabilitationseinrichtungen sollte das pflegende Fachpersonal daher mit LiN® geschult sein. Wir, das Zentrum für Beatmung und Intensivpflege, bilden unsere Fachpflegekräfte daher kontinuierlich im Bereich der idealen Lagerung weiter. Um noch mehr Verständnis für dieses Konzept zu erlangen, zeigen wir angehörigen Personen unserer Klienten zudemeinfache Lagerungsprinzipien.

Das Zentrum für Beatmung und Intensivpflege fördert Weiterbildungen während der Arbeitszeit. Weitere Benefits und unsere freien Stellen in Berlin und Hamburg findest du in im Karriere-Portal.

 


Florian Seybecke ist Fachbereichsleiter für die neurologische Langzeitrehabilitation in der ZBI Gruppe. Vor seinem Studium zum Bachelor of Science Pflege, mit den Schwerpunkten Qualitätsmanagement, wissenschaftliches Arbeiten sowie Care und Case Management, schloss er die Ausbildung zum examinierten Altenpfleger erfolgreich ab. Der Pflegeexperte für Menschen im Wachkoma und MCS gibt zudem auch als Dozent sein Wissen weiter.


 

Literatur:

-       DNQP (2017), „Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege“, 2 Aktualisierung 2017, Hochschule Osnabrück.

-       Hartnick A. (2009), „Realisierungsprozesse: Die Pflegerische Leistung – Lagerung in Neutralstellung“, 5. Nachtragslieferung, März 2009.

-       LiN-Arge, (2021), „Definition LiN – Lagerung in Neutralstellung“,https://www.lin-arge.de/de/definition (abgerufen, 18.08.21)

-       Pickenbrock H. (2006), „Rund um die Uhr gelagert. Lagerung in Neutralstellung. Physiopraxis, 2006, S. 23-36.

 

Abbildungsverzeichnis:

 konventionelle Lagerung vs. LiN® | © Lin-Arge, 2021   

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