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Amyotrophe Lateralsklerose ist eine seltene neurologische Nervenerkrankung, die sowohl sporadisch als auch familiär auftreten kann. Dieser Artikel befasst sich ausführlich mit der Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose: von der Definition über die Ursachen und Diagnose bis hin zur Pflege von ALS-Patienten und den Zielen der Pflege.

Inhaltsverzeichnis

Amyotrophe Lateralsklerose verstehen: Ein Leitfaden für Angehörige & Pflegekräfte

Amyotrophe Lateralsklerose ist eine seltene neurologische Nervenerkrankung der Bewegungsneuronen. Dabei werden die motorischen Nervenzellen (Motoneuronen) zerstört. Die Folgen sind Lähmungen der Muskeln, die sich im weiteren Verlauf auch auf andere Organsimen auswirken. Der Physiker und Astrophysiker Stephen Hawking gilt als bekanntester ALS-Betroffener.

Eine intakte Nervenzelle, links, im Vergleich zu einer beschädigten Nervenzelle, rechts.

Eine intakte Nervenzelle (links) im Vergleich zu einer beschädigten Nervenzelle (rechts), wie es z.B. bei ALS auftritt | © Dr_Microbe - stock.adobe.com

Amyotrophe Lateralsklerose definiert: Was ist ALS?

Amyotrophe Lateralsklerose ist eine fortschreitende Krankheit, die die Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark schädigen. ALS führt zur schrittweisen Schwächung der Muskulatur bis zum Muskelschwund und kann dadurch zu erheblichen körperlichen Einschränkungen führen. Diese Form der Motoneuronerkrankungen ist nicht heilbar. Die Lebenserwartung sinkt um durchschnittlich drei bis fünf Jahre. ALS ist auch unter auch Myatrophe Lateralsklerose, Charcot-Krankheit oder Lou-Gehrig-Syndrom bekannt.

Die neurodegenerative Erkrankung ALS tritt selten auf. In Deutschland (83 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner) erkranken jährlich etwa 2.500 Menschen. Das entspricht etwa 3 Fälle pro 100.000 Einwohner [1].

Auslöser und Ursachen von Amyotrophe Lateralsklerose

Obwohl die genaue Ursache von Amyotropher Lateralsklerose weiterhin unbekannt ist, wurden mehrere Auslöser und zugrunde liegende Faktoren identifiziert. 

Erstens gelten genetische Mutationen als einer der Hauptauslöser. Ungefähr 7 % der Fälle werden vererbt, hauptsächlich durch Mutationen in Genen. Diese Mutationen stören die normale Funktion der Nervenzellen und führen mit der Zeit zum Absterben von Motoneuronen. Darüber hinaus können auch Umweltfaktoren wie die Einwirkung von Giftstoffen zur Entwicklung der Erkrankung des motorischen Nervensystems beitragen. Als potenzielle Risikofaktoren für Amyotrophe Lateralsklerose wird eine längere Exposition gegenüber Schwermetallen, bestimmten Chemikalien oder Pestiziden vermutet. Ebenso können verschiedene biologische und zelluläre Mechanismen auf die Erkrankung Einfluss nehmen. Eine vorherrschende Hypothese ist, dass ALS durch eine Kombination aus oxidativem Stress und Proteinfehlern in Neuronen entsteht. Oxidativer Stress tritt auf, wenn ein Ungleichgewicht zwischen der Produktion freier Radikale und dem antioxidativen Abwehrsystem des Körpers besteht. Dies führt zur Ansammlung beschädigter Moleküle und schädigt letztendlich Neuronen, einschließlich Motoneuronen. Parallel kommt es zur Ansammlung von Proteinen (Proteinopathie) in Zellen, die die Zellfunktion stört und zum Tod von Motoneuronen beitragen kann. Die multifaktorielle Natur von ALS legt nahe, dass sie aus einer Kombination genetischer, umweltbedingter und zellulärer Faktoren resultieren kann, die synergetisch wirken. 

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ALS erkennen: Diagnose und Symptome

Die Diagnose von Amyotrophe Lateralsklerose erfordert eine sorgfältige Untersuchung und den Ausschluss anderer möglicher Erkrankungen. Zu den ersten Symptomen zum Krankheitsbild gehören Muskelsteifigkeit (Spastiken), Schwäche in den Extremitäten (Muskelschwund), Schluckbeschwerden und Sprachprobleme. Die genaue Diagnose wird in der Regel mithilfe von klinischen Tests und bildgebenden Verfahren (Differentialdiagnostik) gestellt.

Vorstellung des Krankheitsverlaufs und Formen der Erkrankung

Amyotrophe Lateralsklerose kann in verschiedenen Verlaufsformen auftreten, darunter die bulbäre-, spinale- und die respiratorische Form.

Merkmalbulbäre Form der ALSspinale Form der ALSrespiratorische Form der ALS
Hauptbetroffene RegionenMund, Rachen, Schluckmuskulatur  Muskulatur und Nerven im Rückenmark  Atemmuskulatur, später andere Muskeln  
SchluckbeschwerdenStark ausgeprägtWeniger ausgeprägtWeniger ausgeprägt
SprachproblemeDeutlich und frühSpäter, wenn überhauptWeniger ausgeprägt
AtemproblemeJaSelten in frühen StadienJa, zufälliger und schwerwiegender
Muskelzucken (Faszikulationen)  HäufigHäufigHäufig
Muskelsteifheit (Spastizität)MöglichJaJa
PrognoseVariabel, kann schneller verlaufenVariabel, kann schneller verlaufenUngünstig, lebensbedrohlich

Bitte beachte, dass diese Tabelle eine allgemeine Übersicht bietet und dass der Verlauf von ALS bei jedem Patienten individuell sein kann. Die spezifischen Symptome und der Krankheitsverlauf können je nach Person variieren.

Eine grafische Darstellung eines Menschen mit Gehirn, Nervenbahnen und Skelett in der Rückansicht

Über das Gehirn werden alle wichtigen Fähigkeiten des Menschen gesteuert. | © magicmine - stock.adobe.com

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Medikamentöse Therapie

Nach aktuellem wissenschaftlichem Stand ist eine Heilung der Krankheit nicht möglich. Im Fokus der medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapieoptionen stehen:

  • die Verlängerung der Lebenszeit,
  • die Linderung von Symptomen sowie
  • die Erhöhung der Teilhabe.

Als Basismedikament kommt dabei Riluzol zum Einsatz. Mit einer Tagesdosis von 100mg, verteilt auf 2 Gaben, ist eine Reduktion der Progression möglich. Neben Riluzol ist Edaravone das einzige Medikament mit einem gesicherten Nachweis seiner positiven Wirkung. Seit 2016 ist der Wirkstoff in wenigen Ländern (Japan, später auch in den USA, Kanada, Südkorea und der Schweiz) zugelassen. Innerhalb der Europäischen Union (EU) kann Edaravone nur im Rahmen eines individuellen Heilversuchs genutzt werden. Um die Zulassung in der EU voranzutreiben, läuft aktuell eine Studie mit einer oral zu applizierenden Form des Edaravone. Weitere Studien zur Behandlung der ALS werden hoffentlich das medikamentöse Spektrum in der Zukunft erweitern. Im Fokus stehen unter anderem Wirkstoffe wie AP101, Reldesemtiv, SAR443820 oder die Tauroursodesoxycholsäure.

Die medikamentöse Therapie zielt auf die symptomatische Behandlung der Erkrankung ab. Sie wird individuell am Erkrankungsbild des ALS-Betroffenen ausgerichtet: Spasmolytika bei spastischen Gangstörungen, Antidepressiva bei Herabgestimmtheit und pathologischen Lachen oder Weinen sind nur einige Beispiele.

Weiter ausführliche Informationen zur Behandlung bietet die ALS-Ambulanz der Berliner Charité auf ihrer Website: Behandlung - ALS-Ambulanz (als-charite.de)

Pflege von ALS-Patienten

Wie wir bereits wissen, ist ALS eine neurodegenerative Erkrankung. Aufgrund der Tatsache, dass die Muskeln immer schwächer werden, sind betroffene Patienten im Laufe der Zeit immer mehr auf Unterstützung angewiesen. Dies erfordert eine kontinuierliche Anpassung der Pflege, um den sich ändernden Bedürfnissen gerecht zu werden und damit die Lebensqualität zu erhalten. Wir sind Experten in der außerklinischen Intensivpflege in Berlin und Hamburg. Für weiteren Fragen sind wir gerne Ansprechpartner.

Weiterhin erfordert die Pflege von ALS-Patienten ein ganzheitliches und multidisziplinäres Konzept. Dazu gehören:

Physiotherapie

Die Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle in der ALS-Pflege. Sie hilft dabei, die Muskeln zu stärken und deren Funktion so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Ein individuell angepasstes Übungsprogramm kann entwickelt werden, um die Beweglichkeit zu fördern und Muskelspastiken zu verhindern. Die Physiotherapeuten arbeiten eng mit den Patienten zusammen, um deren Bedürfnisse und Fortschritte zu berücksichtigen.

Logopädie

Da ALS oft auch die Muskulatur im Bereich des Rachens und der Zunge betrifft, kann die logopädische Therapie bei Schluckbeschwerden und Sprachproblemen einen bedeutenden Einfluss nehmen. Logopäden können Techniken und Übungen vermitteln, um die Kommunikation und das Schlucken zu erleichtern.

Ergotherapie

Die Ergotherapie konzentriert sich auf die Erhaltung der Selbstständigkeit des Patienten im Alltag. Ergotherapeuten können Hilfsmittel empfehlen und individuelle Strategien entwickeln, um die täglichen Aktivitäten trotz der motorischen Einschränkungen so lang wie möglich zu erhalten.

Atemtherapie

Da die Atmung im Verlauf von Amyotrophe Lateralsklerose durch Schwäche der Atemmuskulatur beeinträchtigt wird, ist die Atemtherapie von entscheidender Bedeutung. Hierbei werden Atemübungen durchgeführt, um die Lungenfunktion zu erhalten und Atemwegsinfektion als Folge von Minderbelüftungen zu reduzieren.

Abhusten erleichtern und Sekretmanagement

Das Abhusten von Schleim kann für Patienten mit Amyotrophe Lateralsklerose eine Herausforderung darstellen. Die Pflegefachkräfte können Techniken vermitteln, um das Abhusten zu erleichtern und die Atemwege freizuhalten. Dadurch können ebenso Infektionen verhindert werden. Erfahre hier mehr zum Sekretmanagement.

Lagerung

Meist ist das sensorische Empfinden bei ALS-Betroffenen noch vorhanden. Als spezialisierte Lagerungskonzepte kommen die LIN-Lagerung und das Bobath-Konzept in Betracht. Mit der Anwendung bei unterschiedlich starken Bewegungseinschränkungen/Lähmungen in verschiedenen Stadien ist das Vermeiden von Spastiken das erwünschte Ergebnis. Das Bobath-Konzept zielt noch mehr darauf hin, den Muskeltonus zu regulieren bzw. einen angepassten Tonus wiederherzustellen. Als positiven Nebeneffekt haben sinnvoll eingesetzte Lagerungsstrategien ebenso Einfluss auf die Belüftung der Lunge. Weiterhin kann mit der richtigen Lagerung Dekubitus (Druckgeschwüre) und Schmerzen verhindert werden.

Ernährung

Da Schluckbeschwerden auftreten können, ist die Ernährung von ALS-Patienten oft eine Herausforderung. In Zusammenarbeit mit der Logopädie können spezielle Diäten (im Sinne einer veränderten Kostform) angewandt und Hilfsmittel empfohlen werden. So soll die orale Nahrungsaufnahme so lange wie möglich sichergestellt werden. Im weiteren Verlauf der Erkrankung muss auch die Frage einer möglichen künstlichen Ernährung geklärt werden. Diese erfolgt zumeist über eine Sonde durch die Bauchdecke.

Mobilisierung / Bewegungsübungen

Die Mobilisierung und regelmäßige Bewegungsübungen sind wichtig, um die Gelenke beweglich zu halten und Kontrakturen zu verhindern.

Prophylaxen

Die Pflegefachkräfte sollten auch Maßnahmen zur Prophylaxe, wie Thrombose- oder Dekubitusprophylaxen, in ihre pflegerische Arbeit einfließen lassen.

Schmerzmanagement

Bei Schmerzen arbeiten Pflegefachkräfte eng mit Ärzten und anderen Professionen zusammen, um geeignete Schmerztherapien zu identifizieren und den Patienten Linderung zu verschaffen.

Soziale Komponenten

Neben der physischen Pflege ist die emotionale Unterstützung der Patienten von großer Bedeutung. Gespräche und psychosoziale Betreuung können dazu beitragen, die psychische Belastung, die mit der Krankheit einhergeht, zu bewältigen.

ALS in der außerklinischen Intensivpflege

Hinsichtlich des progressiven Verlaufs der Erkrankung erfolgt in der Regel bereits in der Frühphase eine Aufklärung sowie eine Beratung. Dabei spielen Themen wie pflegerische Versorgung, der Lufröhrenschnitt mit dem Einlegen einer Trachealkanüle sowie Beatmung eine große Rolle. Patienten müssen früher oder später entscheiden, ob sie diese Therapie-Optionen für sich in Erwägung ziehen.

Eine pflegerische Betreuung erfolgt dann oftmals im Setting einer außerklinischen Intensivpflege. Das Zentrum für Beatmung und Intensivpflege ist für Betroffene und Angehörige in Berlin und Hamburg gerne Ihr Ansprechpartner.

Für die Pflegefachkräfte kommen ebenso viele Themen zum Tragen, die Pflege bei liegender Trachealkanülen, das endotracheales Absaugen, die eingesetzte Beatmungsform mit ihren Beatmungsmodi (z.B. ASB/PSV-Beatmung), Sekretmanagement oder Husteninsuffizienz. Möchtest du mit deinem Wissen helfen, die Lebensqualität unserer Klienten zu verbessern? Dann ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, um Teil unseres engagierten Teams zu werden. Entdecken unsere aktuellen Stellenangebote.

Eine Person hält die Hände einer im Rollstuhl sitzenden Person

Betroffene mit Amyotrophe Lateralsklerose sind im fortschreitenden Verlauf auf professionelle Pflege angewiesen | © ZBI Gruppe

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Ziele der ALS-Pflege

Das Hauptziel der ALS-Pflege ist die Verbesserung der Lebensqualität und die Verlangsamung des Krankheitsverlaufs. Dies kann durch die oben genannten Therapien und Pflegemaßnahmen erreicht werden. Es ist wichtig, den ALS-Patienten emotionalen und sozialen Beistand zu bieten, da die Erkrankung oft auch psychisch belastend ist.

Insgesamt ist die Pflege von Amyotrophe Lateralsklerose erkrankten Patienten eine komplexe Aufgabe, die Fachkenntnisse und Empathie erfordert. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegefachkräften und Therapeuten ist unerlässlich, um den bestmöglichen Verlauf für die Betroffenen zu gewährleisten.

Amyotrophe Lateralsklerose - Zusammenfassung

Amyotrophe Lateralsklerose ist eine schwere Erkrankung des motorischen Nervensystems, die sowohl sporadisch als auch familiär auftreten kann. Die Diagnose erfordert sorgfältige Untersuchungen und die Pflege von ALS-Patienten ein multidisziplinäres Vorgehen. Ziel der Pflege ist die Verbesserung der Lebensqualität und die Verlangsamung des Krankheitsverlaufs.

Weitere Informationen, Unterstützung und Ressourcen für an ALS betroffene Menschen bzw. Interessierte bieten folgende Seiten:

Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN): Die DGN ist die deutsche Fachgesellschaft für Neurologie und bietet auf ihrer Website Informationen über neurologische Erkrankungen, einschließlich ALS. Sie veröffentlichen auch Leitlinien zur Diagnose und Behandlung. Website: https://www.dgn.org/

Gesundheitsinformation.de: Diese Website, herausgegeben vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), bietet verständliche Informationen zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Website: https://www.gesundheitsinformation.de/

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP): Die DGP kann Informationen über palliative Versorgung und Unterstützung für ALS-Patienten und deren Familien bieten, insbesondere in fortgeschrittenen Stadien der Krankheit. Website: https://www.dgpalliativmedizin.de/


Sven Jantzen ist gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger und Atmungstherapeut (DGP). Als Programmleiter war er maßgeblich an der Durchführung und dem Erfolg des damals teilnehmerstärksten Kongresses für Außerklinische Intensivpflege (KAI) in Berlin beteiligt. Heute leitet er den Bereich Fort- und Weiterbildung in der ZBI Gruppe und ist damit eine wichtige Säule zur Aufrechterhaltung der hohen Qualitätsstandards an unseren Standorten Berlin und Hamburg.


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Quelle:

[1] Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)

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