Wundversorgung & Wundmanagement in der Pflege: Ziele & Maßnahmen
Die Wundversorgung ist ein wesentliches Element in der Pflege von Patienten und -patientinnen. Die Versorgung von Wunden wird im Rahmen des Wundmanagements von speziellen Fachkräften (Wundmanagern) durchgeführt. Welche Arten der Wundversorgung es gibt, worauf beim Wundmanagement geachtet werden muss sowie Informationen zur Qualifikation eines Wundmanagers, erfahren Sie in diesem Blogartikel.
Was ist Wundmanagement?
Unter Wundmanagement versteht man eine strukturierte, interdisziplinäre Versorgung von Wunden. Das Wundmanagement in der Pflege umfasst unter anderem folgende Aspekte:
- Wundanamnese
- Wundinspektion
- Wundbehandlung
- Schmerztherapie
- Wunddokumentation
- Anleitung und Beratung von Menschen mit chronischen Wunden
Wundmanagement erstreckt sich über ein breites Spektrum an Tätigkeiten. So wird beispielsweise im Rahmen des Wundmanagements die Wundsituation und der Wundzustand beschrieben und dokumentiert. Hierzu werden unter anderem Faktoren wie Wundlokalisation, Wundgröße, Wundtiefe und Wundklassifikation erfasst. Auch Wundgrund, Geruch, Exsudat (Flüssigkeitsabsonderungen) und die Wundumgebung sind im Rahmen der Wundanamnese und -inspektion relevant. Des Weiteren werden eingesetzte Materialien, Mittel und Medikamente sowie Informationen zum Wundheilungsprozess festgehalten. Eine große Bedeutung kommt beim Wundmanagement auch Beratungstätigkeiten und psychosozialen Aspekten zu.
Welche Arten der Wundversorgung gibt es?
Es werden zwei Arten der Wundversorgung unterschieden: die traditionelle Wundversorgung (klassische bzw. konventionelle Wundversorgung) und die moderne Wundversorgung. Die beiden Formen besitzen unterschiedliche Herangehensweisen, wie Wunden in der Pflege versorgt werden können und sind nicht gleichermaßen für die Behandlung jeder Wundart geeignet. Besonders zur Versorgung von chronischen Wunden hat sich eine der Formen als besonders vorteilhaft erwiesen. Im Folgendem nehmen wir beide Arten genauer unter die Lupe:
Was versteht man unter einer klassischen Wundversorgung?
Die „klassische“ oder auch „konventionelle“ Wundversorgung ist die Behandlung von Wunden mit trockenen Verbandstoffen. Bis in die 1960er Jahre wurde die klassische Wundbehandlung bei akuten und chronischen Wunden eingesetzt. Zu den Materialien der traditionellen Wundversorgung zählen:
- klassische Wundauflagen
- Verbandmull
- Binden
- Pflaster
- Mull/Vlieskompressen
- Tamponaden
- Tupfer
Sie dienen der Wundabdeckungund schützen zuverlässig vor Feuchtigkeit, Verschmutzung oder Bakterien. Mit diesen Materialien wurden in der Regel tägliche Verbandswechsel durchgeführt. Die klassische Wundversorgung kommt häufig im Rahmen der Akut- oder Erstversorgung zum Einsatz, um eine schnelle Abdeckung und Schutz der Wunde zu gewährleisten. Zur dauerhaften Versorgung von chronischen Wunden ist sie dagegen nicht geeignet, da durch die trockenen Materialien der natürliche Wundheilungsprozess gestört werden kann, wenn die Wunde zu sehr austrocknet. Auch kann der Verbandswechsel unangenehm für den/die Patient/in sein, weil das Risiko besteht, dass sich die Trockenauflagen mit der Wunde verkleben.
Was versteht man unter moderner Wundversorgung?
h3 Was versteht man unter moderner Wundversorgung?
Im Gegensatz dazu liegt der Schwerpunkt der modernen Wundversorgung auf der Aufrechterhaltung eines idealfeuchten Wundmilieus. Dadurch wird das Austrocknen und Auskühlen der Wunde reduziert und das Wundmilieu im Gleichgewicht gehalten.
Hierfür kommen moderne Wundauflagen zum Einsatz. Sie bestehen aus hydroaktivem Material und besitzen oftmals eine leichte Beschichtung, die das Verkleben mit der Wunde reduziert. Hier müssen die Verbandwechsel ausgedehnt werden, dies erreicht man mit einer Wundheilungsphase-adaptierten Wundtherapie, die Wundauflage muss zur jeweilig immer im Vordergrund stehenden Wundheilungsphase passen, um hier der Wunde die nötige Ruhe zu geben, die eigenen Wundheilungsprozesse zu unterstützen. Durch die nicht mehr so häufig stattfindenden Verbandwechsel wird die moderne Wundversorgung dann auch kostengünstiger.
Die moderne Wundversorgung mit Wundauflagen, die für ein feuchtes Wundklima sorgen, werden häufig bei chronischen oder stark exsudierenden Wunden eingesetzt.
Bei der modernen Wundversorgung kommen Wundauflagen aus hydroaktivem Material zum Einsatz. | © ZBI Gruppe
Was macht ein Wundexperte?
Wie eingangs bereits erwähnt, wird das Wundmanagement als Teil der Wundversorgung von speziellen Wundexperten durchgeführt, den Wundmanagern. Für diese verantwortungsvolle Aufgabe ist eine Weiterbildung erforderlich. Fortbildungen im Bereich des Wundmanagements werden von mehreren Institutionen angeboten, unter anderem von der Initiative Chronische Wunden (ICW) in Zusammenarbeit mit dem TÜV Rheinland. In mindestens 48 Unterrichtseinheiten und 16 Stunden Hospitation können sich Pflegekräfte, medizinische Fachangestellte oder Ärzte zum „Wundexperten ICW“ fortbilden. Neben der Anatomie der Haut stehen die Entstehung und Heilung von Wunden, eine Wundbeurteilung- und Dokumentation sowie vor allem die Therapie von Dekubitus, Ulcus cruris (Ulcus cruris venosum) und diabetischem Fuß auf dem Lehrplan.
,,Wundexperten‘‘ sind Teil eines interdisziplinären Teams, das chronische Wunden behandelt. Am Anfang steht dabei die Diagnose des Arztes, die die Ursachen der Wundentstehung beziehungsweise der Wundheilungsstörungen erfasst. Im weiteren Behandlungsverlauf übernehmen Wundexperten die Versorgung der Wunde, die Wunddokumentation sowie die Kausal- und Begleittherapie.
Wundexperten arbeiten beispielsweise als Wundberater in stationären und ambulanten Einrichtungen, in einer Wundambulanz oder einem Wundzentrum oder als Dozent. Im ambulanten Bereich arbeiten sie eng mit den jeweiligen Haus- und Fachärzten der Patienten zusammen. Je nach Qualifikation führen sie die Beratung und Therapie selbstständig durch, dokumentieren ihre Arbeit und evaluieren den Therapieerfolg.
Wundexperten können sich darüber hinaus zu einem „Pflegetherapeuten Wunde“ fortbilden lassen. In mindestens 168 Stunden sowie 40 Stunden Hospitation erlernen sie spezielle Therapien bei chronischen Wunden, Fall- und Qualitätsmanagement oder die Prävention chronischer Wunden. Wundexperten müssen kontinuierlich an Schulungsmaßnahmen teilnehmen, um ihre jeweils für fünf Jahre vergebenen Zertifikate zu erneuern.
Wie wird man Wundmanager?
Eine gehobene Form des Wundmanagers wird bei der Fortbildung Akademische/r Wundmanager/in angeboten. In ein beziehungsweise zwei Semester können Akademiker mit Anstellung im gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienst die Weiterbildung als Certified Programm oder als Akademische/r Wundmanager/in belegen.
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Was darf ein Wundexperte?
Die Wundversorgung als Behandlungspflege, damit als Teil der medizinischen Versorgung, fällt in den ärztlichen Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich. Ein Wundmanagement erfolgt üblicherweise im Team - z. B. mit Pflegefachkräften etwa in den ambulanten Pflegediensten. Für den involvierten Arzt stellt sich bei dieser Arbeitsteilung stets die Frage, an wen und inwieweit er heilkundliche Maßnahmen delegieren darf. Damit stellt sich auch die Frage der haftungsrechtlichen Verantwortung.
Im Grundsatz gilt: Der Arzt kann diejenigen Tätigkeiten an Wundtherapeuten bzw. Pflegepersonal delegieren, die kein spezifisches ärztliches Wissen und Können erfordern. Das Ausmaß möglicher Delegation bei der Wundversorgung ergibt sich aus der Qualifikation des nicht-ärztlichen Personals, die stets dokumentiert werden sollte.
Aus der ärztlichen Anordnungsverantwortung folgt, dass die wundtherapeutisch fortgebildete Pflegefachkraft, allgemein die Wundtherapeuten, delegierte Tätigkeiten nicht ohne Wissen und Zustimmung des Arztes etwa an eine dritte Person "weiterdelegieren" oder abändern dürfen.
Das Wundteam - behandelnde Ärzte, Pflegekräfte und bei Bedarf auch wundtherapeutisch Fortgebildete - sollte kooperativ eine sichere, zweckmäßige, ausreichende und notwendige Wundversorgung entwickeln und anwenden. Allerdings wird damit keine über den ursprünglichen Basis-Berufsabschluss der Teilnehmer hinausgehende Handlungskompetenz generiert. Deshalb bleibt der Arzt, der Tätigkeiten in der Wundversorgung delegiert hat, in der Anordnungs- und Überwachungsverantwortung, die nicht-ärztlichen Teamteilnehmer handeln nicht selbstständig.
Welche Ziele hat das Wundmanagement?
Die Grundsätze größtmöglicher Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit sind dabei zu verfolgen. Allerdings darf hier auch die Qualität der Produkte nicht leiden. Sind diese bspw. von keiner guten Qualität, muss wiederum mehr verordnet werden, was hier dann wieder die Wirtschaftlichkeit infrage stellt.
Es gilt der Grundsatz: "So wenig wie möglich, so viel wie nötig." Es soll eine einheitliche Beschreibung einer Wunde ermöglicht werden.
Was ist bei der modernen Wundversorgung zu beachten?
Bei der modernen Wundversorgung herrschen folgende Grundprinzipien vor:
- Der Mensch steht im Mittelpunkt
- Die Wundauflage heilt nicht die Wunde, sondern unterstützt lediglich die Heilungsprozesse. Eine an die Heilungsphasen adaptierte Wundbehandlung ist unerlässlich
- Die Patientenedukation ist wichtig, da der Patient immer mit in die Therapie eingebunden werden muss. Die Kausaltherapie sollte hier immer im Vordergrund stehen, als die eigentliche Wundtherapie, da sonst keine Heilung bei chronischen Wunden stattfinden kann.
Wer darf die Wundversorgung durchführen?
Die Wundversorgung ist Teil der medizinischen Versorgung, der sog. Behandlungspflege. Der Arzt hat hier im Rahmen seiner Heilkunde quasi eine universale Kompetenz. Gleichwohl ist für das Wundmanagement und die Koordinierung des Therapiekonzepts einer chronischen Wunde die Arbeit im Team charakteristisch: die vertikale Arbeitsteilung zwischen Ärzten und nicht-ärztlichen Gesundheitsfachberufen, vor allem Pflegefachkräften etwa in den ambulanten Pflegediensten. Für den Arzt, der mit Wundversorgung befasst ist, stellt sich in dieser Arbeitsteilung immer die Frage, an wen und inwieweit er heilkundliche Tätigkeit delegieren darf; eng damit verknüpft ist die Frage der haftungsrechtlichen Verantwortung.
Spiegelbildlich beschränkt sich die Verantwortung der Pflegefachkraft auf die Durchführung dessen, was der Arzt an sie delegiert hat – die Pflegefachkraft trägt die Durchführungsverantwortung. Deshalb sollte die Pflegefachkraft vor der Übernahme einer ärztlichen Tätigkeit ihre eigenen Fähigkeiten kritisch überprüfen. Fühlt sie sich der damit verbundenen Verantwortung nicht gewachsen, sollte sie die Übernahme dieser Tätigkeit ablehnen. Erkennt die Pflegefachkraft beispielsweise einen pathologischen Verlauf nicht und leitet sie nicht die notwendigen Maßnahmen ein, haftet sie selbst für die daraus entstehenden Schäden, wenn sie aufgrund ihrer Ausbildung den pathologischen Verlauf hätte erkennen können.
Ebenfalls sehr kritisch muss die Pflegefachkraft bei ihrer Übernahmeentscheidung dann sein, wenn die Ausführung der delegierten Tätigkeit für sie erkennbar den Strafgesetzen zuwiderläuft. So sollte die Pflegefachkraft beispielsweise bei Bedenken gegenüber delegierter Aufgaben des Wundmanagements (z.B. dem mehrmaligen Gebrauch von Einmalmaterial ohne Aufbereitung oder auch gegen die angeordnete Anwendung unsteriler Materialien) den Arzt ansprechen. Im Rahmen dieses sogenannten Remonstrationsrechts hat die Pflegefachkraft ggf. sogar die Pflicht, eine solche Tätigkeit abzulehnen, weil sie sich andernfalls wegen Körperverletzung strafbar machen kann. Das Recht der Wundversorgung ist in Bewegung. Ärzte, die aktiv in der Wundversorgung arbeiten und sich auf diesem Gebiet fortbilden, sind dazu prädestiniert, das Verständnis zwischen den Professionen zu fördern.
Was sind die Ziele der Wundversorgung?
Ziele der Wundversorgung im Rahmen des Wundmanagements sind:
- Fachgerechte Versorgung der Wunde
- Beschleunigung des Wundheilungsprozesses
- Vermeidung von Komplikationen wie z.B. Infektionen und wiederkehrende Wunden
- Schmerzreduktion für den Patienten / die Patientin
- Erhöhung der Lebensqualität durch die Wundversorgungsmaßnahmen
Die Basis zum Erreichen der Ziele ist hierbei grundsätzlich eine transparente, vollständige Dokumentation des Wundheilungsverlaufs und -prozesses (gemäß der Vorschriften des Wundmanagements) sowie die Verwendung von hochwertigen Wundpflegematerialien.
FAQ
Was ist der Unterschied zwischen traditioneller und moderner Wundversorgung?
Die traditionelle Wundversorgung verwendet trockene Verbandsmaterialien wie Mull oder Pflaster, um Wunden abzudecken. Moderne Wundversorgung setzt hingegen auf hydroaktive Wundauflagen, die ein feuchtes Wundmilieu aufrechterhalten und so den Heilungsprozess unterstützen.
Welche Rolle spielt die Wunddokumentation im Wundmanagement?
Eine vollständige Wunddokumentation ist essenziell, um den Heilungsverlauf zu überwachen und den Therapieerfolg zu bewerten. Sie umfasst Details zur Wundlokalisation, Größe, Wundart, Exsudat und verwendeten Materialien.
Wann ist die moderne Wundversorgung besonders geeignet?
Die moderne Wundversorgung eignet sich besonders bei chronischen oder stark exsudierenden Wunden. Das feuchte Wundmilieu unterstützt die Heilung und reduziert das Risiko von Komplikationen wie Infektionen oder Verklebungen des Verbandes.
Welche Qualifikation benötigt ein Wundmanager?
Ein Wundmanager benötigt eine spezielle Weiterbildung im Bereich Wundmanagement, z. B. durch die Initiative Chronische Wunden (ICW). Die Ausbildung umfasst mindestens 48 Stunden Unterricht und 16 Stunden Hospitation, um Fachkenntnisse in Wunddiagnostik und -therapie zu erwerben.
Was sind die wichtigsten Ziele im Wundmanagement?
Die Ziele des Wundmanagements sind die fachgerechte Wundversorgung, Beschleunigung des Heilungsprozesses, Vermeidung von Komplikationen wie Infektionen, Schmerzreduktion und Verbesserung der Lebensqualität der Patienten.
Sebastian Kruschwitz ist Wundexperte ICW sowie Pflegetherapeut Wunde ICW. Der gelernte Gesundheits- und Krankenpfleger ist außerdem Autor zahlreicher Publikationen zu den Themen Wundheilung und Wundversorgung. Er wurde 2023 in einem bundesweiten Wettbewerb zum beliebtesten Pflegeprofi Berlins gewählt. In der ZBI Gruppe leitet Sebastian seit vielen Jahren den Fachbereich Wundmanagement an unseren Standorten Berlin und Hamburg.
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